Von Alf Tondern.
Ich bin ein unzuverlässiger Wechselwähler. Aber jetzt reicht es mir! Keine Partei, die mich im Lauf der Jahre nicht bitter enttäuscht hat. Deshalb habe ich jetzt meine eigene Partei gegründet: die ALF- TONDERN-PARTEI. Ihr Programm besteht aus einem einzigen Satz: „Im Mittelpunkt von allem politischen Tun und Wollen steht der Bürger“.
Bei strikter Umsetzung wird es künftig nicht mehr möglich sein, Sozialwohnungen haufenweise an die meistbietende Heuschrecke zu verschachern oder defizitäre Krankenhäuser an gewinnorientierte Konzerne zu verhökern. Da wurde eine Lawine losgetreten. „Und wie willst du die stoppen?“, fragt mein Freund Matthis, mit dem ich mich in der Kneipe verabredet habe. Matthis, ich kenne ihn noch von meinem abgebrochenen Jurastudium her, ist inzwischen Rechtsanwalt. „Mietsachen, Verkehrsdelikte und anderer Scheiß“, sagt er, „machen genug Mist, damit ich samt Familie davon leben kann.“ „Aber es könnte dir, es könnte uns allen besser gehen“, belehre ich ihn. „Was die Kliniken anbelangt, man muss sie zum Nulltarif einer seriösen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anvertrauen und mit Staatsmitteln aufpäppeln, bis die den Laden in Ordnung gebracht hat“. Matthis bleibt skeptisch. „Wenn meine Partei Furore macht“, spinne ich den Faden weiter, „wird es auch keine unmoralischen Boni mehr geben, etwa für Ärzte, die ihr OP-Soll übererfüllen oder für Konzernlenker, die ihr eigenes Unternehmen filetieren“! „Wir nähern uns einer idealen Welt“, spottet Matthis. „Man muss nicht nur an das Große denken“, beharre ich, „sondern auch an den Alltag! Du kaufst beim Supermarkt 100 Gramm Schinken und merkst erst zu Hause: es sind nur 80 Gramm in der Packung – zum selben Preis wohlgemerkt!“ „Was willst du gegen die versteckten Preiserhöhungen tun?“ „Nichts ist einfacher: jeder Hersteller zahlt eine Strafe, doppelt so hoch wie der unlauter erzielte Gewinn!“
„Ohne einen kapitalkräftigen Sponsor ist da nichts zu machen“, meint Matthis, „damit deine Partei beziehungsweise du diese Vorstellungen durchsetzen könnt. Nur, wer soll das sein, wenn die gesamte Wirtschaft von den altvertrauten Missständen profitiert?!“